Andreas Keller
Andreas Keller

Seminare, Vorlesungen und workshops

2022

Akademie Sankelmark 
Margarete Böhme (1867-1939). Workshop mit Vortrag im Rahmen des Seminars "Schleswig-Holsteinische Schriftstellerinnen aus fünf Jahrhunderten"
(25. bis 27. November 2022)

 

Universität Potsdam
Masterseminar WS 2022/2023

Gertrud Möller (1641-1705): Bürgerliches Bewusstsein und poetische Formen im Herzogtum Preußen

 
Universität Potsdam
Masterseminar SoSe 2022

Rhetorische Verfahren in Erzähltexten der Frühen Neuzeit

 
Universität Potsdam
Masterseminar WS 2021/2022

Reiseliteratur. Fiktive und tatsächliche Mobilitäten in der Frühen Neuzeit

 

 

2021

Universität Potsdam

Masterseminar SoSe 2021

Rhetorik der Frühen Neuzeit als Methode für die Textanalyse.

 

2020

Universität Potsdam

Masterseminar WS 2020/21

 

Kosmologie in der Frühen Neuzeit

 

Das Seminar untersucht im weiten Textsortenspektrum der Frühen Neuzeit exemplarische Aussagen zum Bedeutungsfeld von Welt, Weltbild, Weltentstehung und Weltordnung. Die funktionale Frage der Literatur selbst, die Vermittlung von und zwischen den Welten, bildet dann einen weiteren Zugang, möglicherweise auch unter dem Aspekt einer (nominell nicht) existenten "Weltliteratur" vor dem 19. Jahrhundert. Mit der auch sprachlichen Ausdifferenzierung in unterschiedliche "Teilwelten" der Theologie, Staatswissenschaft, Medizin und Rechtsgelehrsamkeit stehen dann Rubriken zur vertieften Betrachtung an, die auch noch die Welt der Moderne maßgeblich prägen.

 

Universität Potsdam

Masterseminar SoSe 2020

 

Mystik und Sprachphilosophie in der Frühen Neuzeit

 

Nicht nur mit ihren weit vernetzten Diskursen über „Reformation“ und „Renaissance“ oder mit ihren distributionsverstärkenden Erfindungen wie dem Buchdruck oder dem multimedialen Theater steht die Frühe Neuzeit für den Beginn einer kommunikativen Moderne: Die lange Epoche zwischen Mittelalter und Aufklärung formuliert vor diesem Hintergrund auch ganz besondere Antworten auf die Urfrage aller Kommunikation: Was ist Sprache? Wer hat sie erfunden, wie funktioniert sie, zu welchen Zwecken wird sie eingesetzt? Ist Sprache göttlich gegeben oder menschlich entwickelt, sind ihre Leistungsmöglichkeiten eher einer subjektiven Inspiration oder der kollektiven Konvention geschuldet? Taugt sie als Medium für den Umgang mit spirituellen Phänomenen und metaphysischen Größen oder bleibt sie ein konkretes Werkzeug zur Abwicklung täglicher Geschäftsabläufe in der Gesellschaft? Kann das ausdifferenzierte Instrumentarium, das ganz rational in wirtschaftlichen und juristischen Verhandlungsprozessen, in den Lehr- und  Verfahrensweisen der Medizin oder des Handwerks eingesetzt wird, auch für die Darstellung oder gar Erzeugung von seelischen Prozessen, für magische Beschwörungen oder gar ekstatische Erfahrungen Verwendung finden? Handelt es sich dann noch um eine einzige Sprache in verschiedenen Spezialisierungen oder existieren zwei sprachliche Modi trennbar nebeneinander? Auch eine produktive Durchdringung zweier aktiver Sprachsysteme wäre ja theoretisch denkbar, wie wird das diskutiert?

Diesen Fragen geht das Seminar anhand ausgewählter Akzentsetzungen aus dem Zeitraum zwischen 1350 und 1700 sorgfältig nach. Es könnte sich als Systemrelevanz erweisen, dass wichtige, von den geistlichen Autoren dieses Zeitraums in die deutsche Sprache eingeführte  Zentralvokabeln wie „Vision“ und „Prognostik“, „Erlebnis“ und „Bildung“ im globalen Wirtschafts- und Gesellschaftsdiskurs unserer Tage noch immer unverzichtbare Basisformeln sind. Die Bekanntschaft mit eigentümlichen Mystikerinnen und Mystikern dürfte sich also lohnen, es gilt sich mit ihren Texten, ihren Absichten und mit den wissenschaftlich zu erschließenden Sprachsystemen vertraut zu machen, die im Zusammenhang mit transzendenter Naturerfahrung („Pantheismus“), mit Aufstieg („ascensio“) und Reinigung („purgatio“) der Seele, mit der Selbsterfahrung des Göttlichen, ja mit der Gottesschau („visio beatifica“) entstehen. Welche Verbindungen gibt es zur christlichen Dogmatik, zur neuplatonischen Philosophie und zu Tendenzen einer persönlichen, ja privaten Frömmigkeit ohne Kirche („devotio moderna“)? Vor allem aber wären die Ergebnisse dann in einen Zusammenhang zu bringen mit den sich zeitgleich auffällig häufenden Theorien zur Sprache, zur Rhetorik und vor allem zur Poetik: geht es doch in der Frühen Neuzeit auch um die Gründungsphase einer „modernen“ Poesie, die sich schrittweise von der theologischen und philosophischen Bevormundung „emanzipiert“. Zu diskutieren bliebe hier, in welcher Weise sich Mystik als eine individuelle und freie Erfahrungsdimension des Glaubens gegen eine autoritäre Buchstabendogmatik durchgesetzt hat, was etwa an den folgenden literarischen Strömungen wie der Romantik oder dem Expressionismus genauer zu studieren wäre.

 

2019

Universität Potsdam

Masterseminar WiSe 2019/20

 

Lexikographie als Schlüssel zur Kultur der Frühen Neuzeit: Formen und Erträge der analogen wie digitalen Datenaufbereitung

 

 

 

 

Universität Potsdam

Masterseminar SoSe 2019

 

Migrationsliteratur und Nationalphilologie. Traditionen und Perspektiven der Germanistik.

 

Nominal entkommt die Germanistik nicht der permanenten Forderung, doch bitte zu erklären, was denn das „Germanische“ sei, das ihren Gegenstand ausmache. Mit dem gängigen Versuch, sich durch die Spezifizierung auf das „Deutsche“ aus der Affäre zu ziehen, erwachsen jedoch sofort weitere unlösbare Probleme, nunmehr im großen Sumpf der „Wesensbestimmung“. 2017 fragte Dieter Borchmeyer konkret „Was ist deutsch?“ und legte als Antwort eine allenfalls historisch resümierende  „Suche einer Nation nach sich selbst“ vor. Vorgeblich präzise oder gar objektive Kategorien wie Sprache, Kunst und Kultur führen eben so wenig zu substantieller Klärung wie Gebürtigkeit, Staatsgebiet oder Verfassung. Eine entsprechende „Nationalphilologie“ gilt nicht nur als verstaubt, sondern als beschränkt und überwunden. Neue, ganz bewusst auf trennende Grenzziehungen zwischen Sprachen und Kulturen verzichtende Methodenansätze in der Komparatistik und Kulturwissenschaft beziehen sich auf ausgesprochene Transferphänomene wie Interlingualität, Intermedialität oder Interreligiosität.

Die fachgeschichtliche Bilanz zeigt aber durchaus, dass hier schon längst entsprechende Modelle und Theorien vorlagen. Johann Gottfried Herder spricht vom „unsichtbaren commercium der Geister“ ohne jede nationale Beschränkung und die Brüder Grimm geben mit dem Tripel von der (deutschen) Sprache, Literatur und den Rechtsaltertümern ein denkbar breites und flexibel füllbares Kategoriensystem vor, das völlig neutral und gleichrangig mit den Entsprechungen jeder beliebig anderen Kulturformation bzw. im Austausch mit dieser untersucht werden kann. Vor allem aber war es jedem ohne Ansehen seiner Herkunft freigestellt, an einer „deutschen“ Kultur beliebig mitzuwirken, wollte er sich in die entsprechenden Diskursformationen begeben. Jacob Grimm versuchte 1848 diese Position sogar als Art. 1 an der Spitze der „Grundrechte des deutschen Volkes“ zu verankern: „Das deutsche Volk ist ein Volk von Freien und deutscher Boden duldet keine Knechtschaft. Fremde Unfreie, die auf ihm verweilen, macht er frei.“

Abgesehen von der transnationalen und monolingualen Praxis eines ständig kommunizierenden Kulturpluralismus im Europa des Mittelalters und der Frühen Neuzeit, ist spätestens seit Adalbert von Chamisso  auch die Herausforderung bekannt, deutschsprachige Beiträge von nicht im einem deutschen Staatsgebiet geborenen, nicht seit Jahrhunderten von deutschen Ureltern abstammenden und die deutsche Sprache vielleicht auch nicht vom ersten Wiegenschrei an nutzenden Persönlichkeiten einer wissenschaftlichen Betrachtung zu unterziehen und damit auch der „Nationalphilologie“ zu genügen. Dennoch wurden und werden entsprechende Werke bis in die Gegenwart als „nicht-deutsch“ entwertet oder allenfalls als exotisches Kuriosum („Nischenliteratur“) am Rande des großen Kanons betrachtet. Lange operierte man mit hilflosen Begrifflichkeiten wie „Gastarbeiterliteratur“, „Ausländerliteratur“ oder eben „Migrationsliteratur“, bis mit Zafer Senocaks Vorschlag der „Brückenliteratur“ (1986) auch im deutschsprachigen Raum eine Sensibilität für die Eigentümlichkeiten der „Transnationalität“ oder für das Schreiben in "Zwischenräumen" einsetzte. Die internationale Forschung konnte im Zuge der postkolonialen Theorie bereits längst über angemessene Termini und Methoden verfügen, die etwa auf Homi Bhabhas Vorstellungen von einer produktiven „Hybridität“ zurückgingen. Anstelle asymmetrischer Kulturkontakte, polarer oder hermetischer Alteritätsmodelle oder gar rigoros abwertender Hierarchien wählte man neue Denkmuster wie das „Rhizom“, den „Dritten Raum“ oder die „Kontaktzone“ als Gelegenheit für ein paritätisches „Aushandeln“.

Seit mehreren Generationen wächst nunmehr bereits eine reiche Fülle von deutschsprachigen Texten als Fundus für entsprechende Untersuchungen: Werke von May Ayim, Maureen Maisha Eggers, Manuel Castells, Emine Sevgi Özdamar, Irena Brezna, Libuse Monikova, Aglaja Veteranyis, Abini Zöllner, Senait Mehari, Senthuran Varatharajah,  Catalin Dorian Florescu, Franco Biondi, Herta Müller, Saša Stanišić, Lena Gorelik, Wladimir Kaminer, Feridun Zaimoglu, Yadé Kara, Rafik Shami, Sudabeh Mohafez, Navid Kermani, Bassam Tibi, Galsan Tschinag, Usama Al Shahmani,  Asfa-Wossen Asserate, Yoko Tawada u. v. a. bieten jeweils auf eigene Weise eine fundierte Anschauung und höchst ansprechende Formen der poetischen Kunst, von der knappen Sentenz bis zur voluminösen Abhandlung. Alle diese Werke wären danach zu befragen, was nun genau im „Labyrinth der Herkunft“ (Franco Biondi) geschieht, wie ein "Einwandererkind wie ich" (Navid Kermani) mit seinem "ungläubige[n] Staunen" gegenüber dem so vertrauten wie fremden „Anderen“ umgeht. Die Autorinnen und Autoren offerieren hier neue und jeweils völlig singuläre Betrachtungs- und Vergleichsweisen, die sich gegen eine feste identifizierende Verbundenheit mit einer einzelnen Nation, Religion oder Herkunftsregion wenden. Vielmehr nutzen sie ihre transkulturellen Bewegungsmöglichkeiten und Kompetenzen, suchen temporäre Anschlüsse und erproben damit vielerlei mögliche, nach allen Seiten jeweils offene oder gar wechselnde Identitäten. Als „deutsche“ Besucher in der "Fremde" haben sie durch ihre Herkunft immer auch den Blick des damit ja bereits Vertrauten, weshalb sich eine starre Opposition oder gar Konfrontation zwischen schroffen bilateralen Sphären zugunsten "hybrider" Wahrnehmungsmuster auflöst. Und bezeichnenderweise reagieren auch ‚nicht-migrantische‘ (horribile dictu: biodeutsche) Autorinnen und Autoren auf die vielfältig diskutierten Fragen, so dass auch hier die Offenheit der Grenzen und Zugänge erkennbar ist: Jenny Erpenbeck („Gehen, ging, gegangen“, 2015) oder Bodo Kirchhoff („Widerfahrnis“, 2016) legen entsprechende Werke vor.

Hier gilt es die gesamte Fachgeschichte der Germanistik und deren Angebote an Methoden, Theorien und Strömungen seit Herder und den Brüdern Grimm kritisch zu konsultieren. Schließlich gab es neben nationalistischen Positionen immer auch schon komparatistische Modelle, eine aufmerksame Stereo- und Imagotypenforschung, auch eine „auslandsdeutsche Literatur“ oder eine sog. „Auslandsgermanistik“ mit sehr wertvollen Beiträgen. Bekannt sind die Werke deutscher Exilanten in der Welt und deutscher Flüchtlinge aus Deutschland, die in Deutschland zu integrieren waren. Begriffe (Migration, Integration, Inkorporation, Identifikation) haben selbst eine Geschichte, ebenso wie die Orientierung schaffenden gedanklichen Kategorien (Nation, Religion, Generation, Person, Muttersprache, Heimat, westliches Denken, Patriotismus, Nationalismus, Rassismus, Fundamentalismus, Fanatismus, Verfassungspatriotismus und Leitkultur).

Die historischen Betrachtungen und die Ergebnisse einer exemplarischen Textlektüre sollen schließlich in eine Seminardiskussion darüber münden, was nationale Literaturgeschichtsschreibung noch leisten kann und wo vor dem Hintergrund der postkolonialen Forschungen, der neo-religiösen Debatten und gesellschaftlichen Verschiebungen, ganz abgesehen von den medialen Metamorphosen der Kommunikation, auch für die Germanistik mögliche Neuorientierungen angebracht sein könnten.

 

2018

Universität Potsdam

Masterseminar WS 2018/19

 

Die hohe Kunst der Wissenschaftsprosa.

Theorie, Geschichte, Selbsterfahrung

 

Wer einzelne Beobachtungen an einem Objekt in ursächliche Zusammenhänge oder in komplexe Bedingungsgefüge bringt, gelangt zu Erkenntnissen über die Welt. In dieser Weise produzieren Wissenschaftler verschiedener Disziplinen täglich wachsende Ergebnismengen, klassifizieren und systematisieren sie in zusammenhängenden Strukturen und unterbreiten damit ein allgemeines Angebot, diese Ergebnisse zu übernehmen oder weiterzuentwickeln. Dieses Angebot aber erfolgt fast ausschließlich über das Wort.

 

Der sprachgebundene Transport von wissenschaftlichen Erkenntnissen ist ein eigentümlicher Vorgang, der spezifische Kompetenzen verlangt. Ansonsten könnten bei der Übertragung Blockaden (Unverständnis) oder Verluste (Mißverständnis) auftreten. Was nachlässig oder gar zu simpel (“leichte Sprache“) formuliert ist, wird dem Befund nicht mehr gerecht oder langweilt den Angesprochenen, der sich aber genauso auch dann abwendet, wenn man ihm mit einer demonstrativ komplizierten Sprache („fachchinesisch“) kommt, die ein gedankliches Niveau nur vortäuscht. Beides nützt weder dem Sachverhalt noch dem Nutzer. So kann Erkenntnis durch mangelhafte Darstellung auch einfach verloren gehen, womit weder der Wissenschaft, noch ihrem gesellschaftlichen Auftrag gedient wäre. Hier ist also besondere Sorgfalt angebracht.

 

Was alle Fächer insgesamt betrifft, gilt insbesondere für die Geisteswissenschaften, vor allem für die Philologie: deren ureigenes Geschäft ist ja das Sprachvermögen als solches, der Zusammenhang zwischen Sprache und Denken, der genau zu bestimmende Akt der verbalen Abstraktion, die adäquate Abbildung von Wahrnehmung, Aussage und Schlussfolgerung in Satz und Begriff.

 

An diesem Punkt setzt das Seminar an, nicht zuletzt auch mit der unausgesprochenen Frage im Hintergrund, ob denn die aktuellen Akzeptanzprobleme der Geisteswissenschaften nicht einfach auch dem eigenen Versagen im Vermittlungsgeschäft zuzuschreiben sind. Die Wahrnehmung in der Gesellschaft sinkt, weil inhaltlich nichts ankommt. Deshalb sollen zunächst einige historische Repräsentanten der erfolgreichen Wissenschaftsprosa, ganz ohne Ansehen ihres Faches betrachtet werden: Warum bekam der Historiker Theodor Mommsen 1902 den Literaturnobelpreis für seine Texte? Warum ist der seit 1964 jährlich für wissenschaftliche Prosa verliehene Preis nach dem Psychoanalytiker Siegmund Freud benannt? Warum animierte der Chemiker Justus Liebig 1854 niemand Geringeren als die Brüder Grimm zu allerhöchstem Lob in ihrem „Deutschen Wörterbuch“, wo es heißt: „die Chemie kauderwelscht in latein und deutsch, aber in Liebigs Munde wird sie sprachgewaltig“. Und warum erzielte Wilhelm Bölsche mit "naturwissenschaftlichen Plaudereien" bzw. mit seinem populärwissenschaftlichen Buch "Das Liebesleben in der Natur" (1898) Millionenauflagen? Dagegen wäre dann kritisch zu prüfen, was speziell in der Germanistik, in ihrem überaus weitläufigen Aktionsfeld zwischen antiker Rede und moderner Narratologie, nicht zuletzt aber etwa auch im Engpaß zwischen  „Denglisch“ und „Antragsprosa“ jeweils geliefert wurde.

 

Neben der anregenden Konsultation prominenter Theoretiker zur Wissenschaftssprache (u.a. Gottfried Wilhelm Leibniz, Heinrich von Kleist, Wilhelm von Humboldt, Ludwig Wittgenstein, Karl Popper, Harald Weinrich, Siegrid Weigel), neben informativen Seitenblicken auf hilfreiche Disziplinen wie Rhetorik oder Begriffsgeschichte, soll dann aber vor allem die Übung und Selbsterfahrung des wissenschaftlichen Schreibens im Mittelpunkt stehen: die Beobachtung, Analyse und Verbesserung der eigenen Fertigkeiten (Examensarbeit, Artikel, Monografie) bzw. deren praktischer, d.h. berufsförderlicher Nutzen .

 

Gibt es hier überhaupt die Möglichkeit eines effizienten "coachings"? Dazu wären im Vorlauf Grundlagen der Recherchetechnik (Sondierung und Rekrutierung von relevantem Wissen) oder der Didaktik des Lesens (Entwicklung und Stärkung von Lesetechniken wie Exzerpt, freie Rekapitulation und memorative Paraphrase) zu klären. Eine Schreibdidaktik im engeren Sinne bezöge sich dann auf die mündliche wie schriftliche Vermittlungstechnik von Information und Wissen (Argumentation, gegenstandsgerechte Darstellungsstrategie und -struktur) bzw. eine überzeugende und leserfreundliche Aufbereitung (Ausdrucksweise und Stilistik). Ferner zu bedenken gälte es die Kunst des Kürzens, die Kunst des Verlängerns (durch Exkurse u.a.), die Funktion und Wirkung von Zitaten, die Rolle des Witzes in der Wissenschaft. Welche Wichtigkeit kommt dagegen den bedingenden Faktoren des Schreibens zu, wie Inspiration und Brainstorming, Zeitmanagement, Schreibblockaden, produktiven Distanzierungstechniken? Wichtig als Motivation und Mittel zur Qualitätssteigerung bleibt dabei ein eigentümliches Phänomen: die Freude am eigenen Text ...

Konrad-Adenauer-Stiftung Berlin

Leitkultur reloaded?

Vortrag mit anschließendem workshop, 7. April 2018

 

Kultur als Verhandlungssache? Die Kunst einer dynamischen Identitätsbildung bei Navid Kermani

 

Universität Potsdam

Masterseminar SoSe 2018

 

Intermedialität in der Frühen Neuzeit

 

Eine planvolle Kombination aus getexteten, abbildenden oder auch szenisch bewegten Modulen ist keine genuine Erfindung des digitalen Zeitalters. Obwohl das griffige Schlagwort der „Intermedialität“ als Bezeichnung für die grenzüberschreitenden Beziehungen bzw. für aktiv hergestellte Synergien zwischen den Künsten erst seit den 1980er Jahren in Gebrauch ist, gibt bereits die klassische Dispositionstechnik der antiken Rhetorik alle nur erdenklichen Aktionsräume vor, um verschiedene mediale Einheiten in einer rezeptionsästhetischen Verbundstrategie zu verschalten. Auch die mittelalterliche Handschrift bietet mit ihren in den Text implantierten visuellen Elementen (figürliche Initialen, ins Bild gesetzte Handlungen mit Spruchbändern, Schmuckleisten) bereits eine entsprechende „Benutzeroberfläche“, die zur Illustration, zur Steigerung oder sogar zur logischen Differenzierung des verbal Gesagten beiträgt. Performative Systeme wie Ritual und Liturgie, Zeremoniell, Tanz und Theater arbeiten mit einzelnen, bildlich arrangierten Körpern, denen in sinngebender bzw. -differenzierender Absicht musikalische Klänge oder gesprochene Worte beigefügt werden. Neben der Kombination (Synästhesie und Gesamtkunstwerk) von Medien stehen auch die Imitation oder die Transformation (in der Ekphrasis wird das Gesehene zum Gesprochenen, in der Historienmalerei das Geschriebene zum Gesehenen), die historisch auch als Konsekution oder gar Substitution (das Gesprochene wird zum Geschriebenen) auftreten kann.

 

Insbesondere die Frühe Neuzeit als Epoche der bis heute nachwirkenden gesellschaftlichen, politischen und religiösen Umbrüche instrumentiert alle Varianten der Intermedialität, um die geschichtlichen Vorgänge zu dynamisieren. Das neue Medium des Buchdrucks setzt zwar die Tradition mit illustrativen Holzschnitten fort, auch in der intensivierten Form des Flugblatts, entwickelt aber zusätzlich eine genuine Neuerung: die Emblematik gewährt jetzt eine komplementäre ("interaktive") Nutzung eines dreiteiligen Rätselkonstrukts, die dem Rezipienten zur einer gedanklichen Selbstaktivierung verhelfen soll: zwischen inscriptio, pictura und subscriptio generiert der Betrachter eigenaktiv Erkenntnisse. Dies geschieht dann auch und ganz besonders in der physischen Begehbarkeit einer räumlichen Realität: Die Architektur oder der Garten, später auch die Landschaft, fungieren intermedial als Träger für die Wort-Bild-Kombinatorik der Sinnbildkunst. Entsprechendes gilt für die Synästhesie der neu erfundenen Oper oder des Jesuitentheaters, für die Wirkungsmacht des höfischen Zeremonialwesens oder für die musikalische Dimension der Echo- bzw. die visuelle der Figurengedichte.

 

Erweitert man die Bedeutung von Kunst als einem ästhetischen Vermittlungs- bzw. Erkenntnisinstrument zum "Medium" im Sinne eines mechanischen Übertragungsmittels, so gerät unweigerlich auch die Technikgeschichte in den Blick: die Frühe Neuzeit kann hier aufwarten mit dem Fernrohr (1609), der optischen Telegrafie (1684), dem Lichtmikroskop (1608) oder mit der transportablen camera obscura (1686), die etwa zur Präzisierung von Lichtwerten in der Malerei eingesetzt wird. Wie Erkenntnisbildung hier in medialer Entsprechung etwa zur Übertragungstechnologie der Optik praktiziert wurde, zeigt "Das Aristotelische Fernrohr" (1654), eine umfassende Metapherntheorie des italienischen Gelehrten Emanuele Tesauro.´

 

KU Eichstätt-Ingolstadt

Vorlesung WS 2017/18

 

Film und Literatur. Produktive Inkongruenzen am Beispiel der "Zauberberg"-Verfilmung Hans W. Geißendörfers (1982)

 

Die Vorlesung spannt einen weiten Bogen von den medialen Grundvoraussetzungen bzw. deren Realisierung in der Filmgeschichte bis zur exemplarisch zu untersuchenden Umsetzung im Blick auf die Literaturverfilmung. Die verschiedenen technischen und kulturgeschichtlichen Voraussetzungen der Filmkunst sind zu diskutieren: von den Fragen der Visualisierung und Text-Bild-Beziehungen in der Malerei reicht das Spektrum hier über die Emblematik, das Theater und die "tableaux vivants" bis zur frühen Kunst des Stummfilms. Technisch wäre nach den Vorgaben der camera obscura, der Schattenrisse oder der Rund- und Reihenbilder zu fragen. Systematische Aspekte sollen dann im Gattungsvergleich herausgearbeitet werden: Gestalt, Geste, Gebärde, Mimik, Konstellation und Bewegung als Komponenten des literarischen wie  filmischen Erzählens. Aspekte der "Unverfilmbarkeit" oder der Singularität der beiden Kunstformen stehen ebenso auf dem Programm, bevor dann eine eingehende Auseinandersetzung mit der Verfilmung des Thomas Mannschen "Zauberbergs" erfolgt.

 

 

Universität Potsdam

Masterseminar WS 2017/18

 

Familienaufstellung. Alle Manns ohne Thomas.

"Was für eine sonderbare Familie sind wir!", befand Klaus Mann 1936 in seinem Tagebuch: "Man wird später Bücher über uns – nicht nur über einzelne von uns – schreiben!" Dies hat sich exakt bewahrheitet: die nicht nur im amerikanischen Exil als "amazing family" gehandelte Personengruppe, die sich durch die Heirat von Paul Thomas Mann (1875–1955) und Katharina „Katia“ Pringsheim (1883–1980), also aus den Familien der Lübecker Manns und der schlesischen Pringsheims in München konstituiert, ist mehrfach Gegenstand der wissenschaftlichen, noch mehr der populärwissenschaftlichen Darstellung oder gar des Films (2001) geworden. Manfred Flügge rief 2015 kurzerhand „das Jahrhundert der Manns“ aus.

 

Vom Bruderzwist zwischen Thomas und Heinrich Mann (1871–1950) über die Suizidfälle Carla (1910), Julia (1927) und Klaus (1949) bis zu den Streitigkeiten der Überlebenden in den 1990er Jahren spannt sich bei „Thomas Mann und den Seinen“ (Marcel Reich-Ranicki 1987) nicht nur einfach ein Familienmythos, sondern ein kollektives Psychogramm, das die Aufmerksamkeit immer wieder auf sich zieht, auch und vor allem im Blick auf die vielfältige künstlerische und wissenschaftliche Produktion aller Beteiligten. Marianne Krüll verkürzt dies auf "ein nationaltypisches Patriarchat, das Opfer für die Kunst benötigte". Eine interessante Folie bildet hier zunächst tatsächlich der erfolgreiche Familienroman (1901) des Nobelpreisträgers Thomas Mann: "Wie in den 'Buddenbrooks' dargestellt, mischen sich in einer dramatischen Beziehungsgeschichte der Generationen, Geschwister und Geschlechter bürgerliche Verlusterfahrungen mit extremen künstlerischen Sehnsüchten und Leiden." (Willi Jaspers 2015).

 

Nahezu zeitgleich aber entwickelt sich ein bis heute praktiziertes Verfahren, bei dem Personen als Stellvertreter für einzelne Familienmitglieder in eine räumliche Anordnung gebracht werden, um bestimmte Spannungsformen, Wahrnehmungsmuster und Konfliktbilder ablesen zu können: die "Familienaufstellung" geht auf die Thesen und Untersuchungen des österreichischen Arztes und Psychiaters Jacob Levy Moreno (1889-1974) zurück, der hier Vorstellungen von "Pyschodrama", "Soziometrie" und "Gruppenpsychotherapie" entwickelte.

 

 

 2017

  • Universität Potsdam (Masterseminar SoSe 2017: Religion, Literatur und Wissenschaft: Das Werk Navid Kermanis
  • Universität Potsdam (Masterseminar WS 2016/17): Thomas Mann: der Zauberberg. Kulturgebärden vor dem Untergang des Abendlands.

 

 2016

  • Universität Potsdam (Masterseminar SoSe 2016): Renaissance. Perspektiven eines kulturgeschichtlichen Phänomens.
  • Universität Potsdam (Masterseminar WS 2015/16): Legenden. Literatur und Religion im 19. Jahrhundert.

 

 2015

  • Universität Potsdam (Masterseminar SoSe 2015): Der Barockbegriff. Ursachen und Folgen.

 

 

 Veranstaltungen vor 2015 (in Auswahl)

  • Ars memorativa: Literatur als Gedächtnisort von der Antike bis zur Generation Golf
  • Europa: Mythos, Motiv und Modell in der Literatur
  • Inscriptio: Inschriften und ihre intertextuellen Beziehungen als Zugang zur Literaturgeschichte
  • Spruch Sentenz Epigramm Redensart Parole Slogan: Wirkungsmacht literarischer Minimaleinheiten
  • Einführung in die Lexikographie: Wissenssystematik vom Universalgelehrten bis zur Schwarmintelligenz
  • Die Novelle

 

  • Einführung in die frühneuzeitliche Poetik
  • Erasmus von Rotterdam: Lob der Torheit (1509). Lektüreübung.
  • Das „Faustbuch“ (1587). Lektüreübung.
  • Die Handschrift als Medium in der Frühen Neuzeit: Transkription und Interpretation ausgewählter Beispiele
  • Flugblätter und Flugschriften in der Frühen Neuzeit
  • Dramen der Reformationszeit
  • Johann Fischart (1546-1590): Satiriker, Moralist, Sprachkünstler
  • Die Predigt: Medium und Textsorte in der Frühen Neuzeit
  • Martin Luther als Schriftsteller
  • Reiseliteratur in der Frühen Neuzeit
  • Allegorie im 17. Jahrhundert
  • Einführung in die Eklogendichtung der Frühen Neuzeit
  • Formen der literarischen Geselligkeit im 17. Jahrhundert
  • Andachtsliteratur und Frömmigkeit in der Frühen Neuzeit
  • Panegyrik und Herrschaftsdiskurs in der Frühen Neuzeit 
  • Christian Weise: Rhetor, Poet und Pädagoge um 1700
  • Kasualpoesie. Theorie und Praxis einer frühneuzeitlichen Hauptgattung
  • Emblematik: Strategien der Visualisierung im 17. Jahrhundert
  • Bildungswesen und Gelehrtentypen in der Frühen Neuzeit 

 

  • Christian Friedrich Daniel Schubart: Sturm und Drang in Württemberg
  • Friedrich Nicolai: Autor, Verleger und Kritiker im Zeitalter der Aufklärung
  • Schillers Dramen
  • Ludwig Tieck: Franz Sternbalds Wanderungen (1798)

 

  • Adelbert von Chamisso: Poesie und Naturwissenschaft zu Beginn des 19. Jahrhunderts
  • Brüder Grimm (Märchensammler, Gründungsväter, Wissenschaftsmanager)
  • Adalbert Stifter: Der Nachsommer
  • Naturalismus: Autoren - Theorien - Wertungen
  • Literatur in Berlin-Brandenburg um 1900: Der Friedrichshagener Dichterkreis

 

  • Literatur der Weimarer Republik
  • Heinrich Mann: Der Untertan
  • Einführung in die Romananalyse: Joseph Roth „Radetzkymarsch“
  • Literatur der jungen Bundesrepublik (1949-1959)
  • Uwe Johnson: Das dritte Buch über Achim (1961). Lektüreübung.
  • Der Berlin-Roman der Gegenwart
  • Das “Frolleinwunder“ in der Deutschen Literatur um die Jahrtausendwende
  • Migration und Integration in der deutschsprachigen Gegenwartsliteratur

 

  • Deutschsprachige Literatur in der Schweiz
  • Deutsche Literatur in Osteuropa: Quellen, Methoden und Forschungsprobleme am Beispiel der Region „Ostpreußen“
  • Deutsche Literatur in Böhmen und Mähren: Quellenkritik, Methodik und Perspektiven der Interkulturellen Germanistik
  • Nation und Literatur: Wechselbeziehungen vom Mittelalter bis in die Moderne

Seit 2008: polnisch-deutsche Symposien in Wrocław bzw. Potsdam

Studierende der Uniwersytet Wrocławski und der Universität Potsdam arbeiten und diskutieren unter der Leitung von Dr. Anna Gajdis und Dr. Andreas Keller über Literatur als kollektives Gedächtnis

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Andreas Keller

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